1.Eine Begegnung mit und in der Natur

 

Sein klangvoller und lebensfroher Gesang geht jeden Tag schon eine Stunde vor Sonnenaufgang auf, auch wenn die Sonne dann am Abend untergeht, singt er noch eine Stunde weiter.


Er singt das ganze Jahr über. Im Winter nimmt die Häufigkeit seines Gesanges ab, dafür wird er aussagekräftiger. „Plaintive“ heißt es auf Englisch und „plaintive“ würde bedeuten: ein Ge-sang mit traurigen Klangfarben, Melodien, die zum Nachdenken bringen und die in den Herzen der Hörer die Sehnsucht nach dem Frühling hervorrufen. Es ist bestimmt seine Sehnsucht nach dem Frühling, die er in seinem klagenden, winterlichen Gesang wiedergibt. Wenn man ihm nahekommt, ihn entdeckt und kennenlernt, dann weiß man, dass sein schöner klagender Gesang nicht kläglich ist. Denn dieser Vogel ist offenbar sehr lebens-stark und lebensfroh, und er hat es gut gelernt, mit den unter-schiedlichen Umständen des Lebens umzugehen. Er heißt auf Englisch „Robin“ oder „Robin Red Breast“, der Vogel mit der roten Brust, wortwörtlich ins Deutsche übertragen. Die deutsche Sprache nennt ihn das Rotkehlchen.
Ich habe neulich in Berlin zum ersten Mal in meinem Leben ein einziges Rotkehlchen zufällig getroffen. Es stand allein und lebt offenbar allein in dem Ort, wo ich es traf, und trotzdem kann man davon ausgehen, dass Berlin viele Rotkehlchen hat. Diese Aussage sollte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit stimmen, auch wenn man nicht jeden Tag in Berlin bzw. in der Berliner Umgebung einem Rotkehlchen begegnet bzw. ein Rotkehlchen sieht oder findet. Das Rotkehlchen war schon Vogel des Jahres in Deuschland in den Jahren 1992 und 2021, und deswegen kann ich mir nicht so gut vorstellen, dass die deutsche Hauptstadt im Januar 2025 nicht viele von diesen schönen kleinen Vögeln hat.
In der ganzen Welt sollte es wissenschaftlichen Berichten zu-folge bis zu 200 Millionen Rotkehlchen geben, viele von diesen 200 Millionen sind in Mittel- und Westeuropa als Standvögel bzw. als Kurzstrecken- oder Teilzieher zu finden. In der heutigen Verkehrssprache würde man diesen Teil der Population der Rotkehlchen, der hin und her über die Jahreszeiten zwischen europäischen Regionen reist, nicht als Berufs- sondern als saisonale Brut-und-Nahrungs-Pendler, bezeichnen. In den äußersten Norden Europas fliegt dieser sehr kleine, aber offenbar sehr kluge Vogel nur im Frühjahr zum Brüten, um dann dort über den Sommer zu bleiben. Die extreme Kälte Nordeuropas kann er bzw. will er nicht gerne ertragen müssen, solange er Flügel besitzt, die ihn doch zu wärmeren und nahrungssicheren Gebieten in West- und Südeuropa und auch weiter südlich bis nach Nordafrika bringen können. Ob die meisten oder nur wenige von den Berliner Rotkehlchen den Winter über in Berlin bleiben, auf diese Frage könnten uns bestimmt die spezialisierten wissenschaftlichen Institute in Berlin wie etwa das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung geben. Ich weiß jetzt allerdings durch eigene Erfahrung mit 100%iger Gewissheit, dass mindestens ein mutiges und lebensfrohes Rotkehlchen den Winter über in Berlin bleibt und nicht in den  Süden reist. Es kann ja auch sein, dass sehr viele von diesen schönen Vögeln in Berlin über den Winter bleiben, aber ich rede und schreibe heute über den einzigen, den ich persönlich kenne und den ich in den Berliner Karower Teichen gesehen und getroffen habe.

 


Nicht nur die auffällige Begegnung mit diesem interessanten Vogel hat meine Wissbegier gereizt, sondern auch sein arabischer Name. Auf diesen Namen des Rotkehlchens in der arabischen Sprache gehe ich in den nachfolgenden Abschnitten dieses Artikels ein, ich würde allerdings an dieser Stelle das besonders Interessante an diesem Namen, kurzgefasst, wie folgt erklären: : Der arabische Name des Rotkehlchens erkennt seine große Verbreitung in Europa an, und trotzdem will der arabische Name dieses kleinen schönen und schön singenden Vogels im Hintergrund den Menschen bzw. dem ganz Leben sagen, dass dieser Vogel doch in seinem Blut arabisch sein könnte.

 

Wie ich auf diesen Vogel und auf seinen Namen gekommen war? Das war wieder und – wie immer! – eine nette schöne zufällige Begegnung mit und in der Natur. Ich bin wieder in der zweiten Januarwoche, wie fast jeden Tag seit dem Neujahr, zu den Karower Teichen gegangen, um dort in der frischen, erfrischenden und etwas kalten Luft zu spazieren. Als ich dort an-kam, dachte ich mir zuerst Folgendes: Ich gehe zu dem kleinen Weidenteich und schaue mir von der stabilen und gut ausgelegten Aussichtsplattform dort die zwei weißen Schwäne an, die ich seit mehreren Tagen dort in diesem kleinen Teich sehe und die ich dann von Weitem beobachte bzw. einfach freundschaftlich und „lautlos“ durch das kleine Besuchsritual begrüße. Als ich dort ankam, habe ich gesehen: Die Wasseroberfläche ist teilweise zu etwa 50% mit einer dünnen Eis- bzw. Schneeschicht bedeckt. Ich fand die Szene interessant und dachte mir: Ich möchte ein gutes Foto von dieser mit Schnee und Eis dekorierten Wasseroberfläche machen. Ich überlegte mir folgendes: Wenn ich von dieser schönen Wasseroberfläche ein gutes Foto machen möchte, dann sollte ich nah an das Wasser und dessen Oberfläche kommen und dabei das Foto von gleicher Ebene und nicht „von oben“ (also von der etwas hohen Aussichtsplattform) machen. Deswegen habe ich mich dazu entschieden, zu der kleinen Strandstelle des Teichs hinzulaufen. Durch meine regelmäßigen Besuche zu dem Naturschutzgebiet (NSG) Karow kenne ich den Ort dort inzwischen sehr gut und habe schon gewusst, dass es eine zugängliche kleine bzw. schmale Strand-stelle für diesen Teich an einer gegenüberlegenden Position zu der Aussichtsplattform gibt, an der ich stand. Es waren nur etwa 200 Schritte, und da war ich schon fast dort angekommen. Zu diesem Zeitpunkt war ich nur noch etwa 7 Meter entfernt von dem Teichstrand, und plötzlich habe ich diesen kleinen Vogel bei einem entspannten, offenbar nicht raschen, sprunghaften Flug von einem kleinen Baumzweig zu einem anderen gesehen. Der Zweig, auf dem er gerade vor meinen Augen landete, war fast direkt am Teichstrand und etwa 1 Meter hoch über dem Boden. Dieser Vogel ist ein ziemlich kleiner Vogel. Trotzdem habe ich ihn von 7-Meter Entfernung gut sehen, beobachten und auch von den winterlich-braunen Zweigen und dem Gebüsch unterscheiden können. Die orangerote
Gefiederfarbe auf seiner Brust stand gerade an diesem bewölkten und nicht besonders hellen Wintertag im sehr guten Kontrast zu der gräulichen winterlichen Umgebung. Sie zog die Aufmerksamkeit meiner Augen auf sich. Es wirkte auf mich und meine Augen wie ein Lichtpunkt in einem dunklen Raum. Seine ruhige und nicht rasche Bewegung hat es mir auch möglich gemacht, ihm mit meinen Augen zu folgen. Es fiel mir ein, doch von dieser schönen Szene vor mir, mit diesem offenbar interessanten und teilweise orangefarbenen Vogel eine Videoaufnahme zu machen. Damit habe ich auch sofort angefangen in der Hoffnung, schnell eine kurze Video-Aufnahme von dieser schönen natürlichen Szene zu machen, bevor dieser kleine schöne Vogel wegfliegt. Ich habe dabei darauf geachtet, leise und möglichst nicht störend zu sein. Beim Aufnehmen von dem kurzen Video anhand meines Smartphones bin ich langsam und in aller Ruhe etwas näher zu diesem Vogel gelaufen, der auf einem kleinen Baumzweig für eine Weile stand. Zu meiner Bewunderung ist er nicht weggeflogen, als ich ihm nähergekommen war. Es waren nur noch etwa eineinhalb Meter zwischen mir und ihm. Jetzt war er doch zu einem etwas weiteren, zwei Meter entfernten Baumzweig geflogen, wodurch die Entfernung zwischen mir und ihm auf etwa drei Meter angewachsen war. Meine Bewunderung für sein mutiges Verhalten war in diesem Moment etwas gedämpft, doch nur für etwa 30 Sekunden, denn dann ist dieser bemerkenswerte Vogel doch wieder in meine Richtung gekommen und ist auf dem Boden vor mir gelandet, etwa eineinhalb Meter entfernt von mir. Danach ist er sogar weiter zu mir zu Fuß gelaufen, und er stand dann unmittelbar vor meinem Ruck-sack, den ich direkt vor meinen Füßen auf dem Boden abgesetzt hatte. Das seltsame Verhalten dieses teils orangerot gefärbten Vogels hat meine Wissbegier angereizt. Gleichzeitig wurden meine Schaulust und die Freude am Fotografieren dadurch et-was gedämpft. Ich stellte mir die Frage: Warum verhält sich dieser kleine, scheinbar alleinlebende Vogel so unbesorgt von mir? Warum ist er nicht vor Angst vor mir weggeflogen? Warum kommt er mir sogar so nah?
Für eine sehr kurze Zeit dachte ich: Vielleicht findet dieser Vogel mich sympathisch? Vielleicht weil er irgendwie weiß oder empfindet, dass ich die Vögel und die Natur liebe! Das war allerdings eine kleine Schnapsidee, die mir nur kurz durch meinen Kopf ging. Diese Idee war allerdings für mich nicht sehr überzeugend, gerade weil ich diesen einen Vogel zum ersten Mal in meinem Leben getroffen habe. Deswegen kann es nicht sein, dass er mich kennt. Denn ich habe letztendlich kein Futter mitgebracht, und Schaulustige wirken wahrscheinlich, bzw. in der Regel, nicht besonders sympathisch bei Tieren und anderen Lebewesen. Der zweite Gedanke, der mir eingefallen war, ist die Überlegung, dass vielleicht dieser bestimmte Vogel, der vor mir stand, etwas krank war bzw. in Hungernot ist und Hilfe braucht. Und deswegen ist er jedem Menschen nahegekommen, in der Hoffnung das irgendwann doch ein Mensch kommt, der ihn verstehen kann. Nach einer kurzen Auseinandersetzung mit diesem Gedanken habe ich entschieden, dass er auch nicht wirklich wissenschaftlich und überzeugend war, gerade deswegen, weil das fleißige Hin- und Herfliegen dieses Vogels nicht darauf hingedeutet hat, dass er krank war. Nach dieser kurzen etwas poetischen gedanklichen Auseinandersetzung mit dieser Frage ist mir eine gute und hilfreiche Idee eingefallen. Sie war eine einfache Idee aber bestimmt wirksam. Die Idee war so, dass ich doch über diesen interessanten Vogel einiges lesen und lernen sollte. Denn Lesen ist der gute Weg zum Lernen und zum Wissenserwerb. Bis dahin fehlte mir allerdings ein sehr wichtiger Anhaltspunkt, damit ich dann mit dem Lernen über diesen Vogel anfangen kann. Es fehlte mir zu wissen, wie dieser kleine lebensfrohe sympathische, teils orangerot gefärbte Vogel heißt. Man kann das Wissen über Dinge nicht bekommen bzw. nicht erfragen, wenn man nicht weiß, wie diese Dinge heißen. Es ist im Allgemeinen meiner Meinung nach immer effizienter, wertschöpfender und zielgerichteter beim Lernen über alles im Leben damit anzufangen, die Namen der Dinge zu erlernen und die Dinge mit ihrem richtigen Namen zu benennen.